Gegensätzliche Seiten entdecken

Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Auf der einen Seite schwarz, auf der anderen Seite weiß und dazwischen eine unbekannte Anziehungskraft. Diese zwei Seiten werden auch in dem Tanzstück New Sites deutlich, das am 01. Februar Premiere hatte. Ich durfte, als Abschluss meiner Blogreihe, eine der Endproben besuchen, um das fertige Stück von Fabian Wixe zu sehen.

Das Foyer der Rudolf-Oetker-Halle ist kaum wiederzuerkennen. Statt der eigentlich kleinen, erhöhten Bühne liegt jetzt großflächig ein weißer Tanzboden in der Mitte des Foyers aus. Die Bühne erstreckt sich fast über den gesamten Innenraum, der durch Vorhänge vom Eingangsbereich und den Garderoben getrennt wurde. In der Mitte stehen vier Säulen und es zieht sich ein diagonaler, grauer Vorhang durch den Raum, der die Bühne in zwei Dreiecke unterteilt. Alles ist minimalistisch gehalten. Auch die Kostüme der Tänzer. Sowohl die Männer als auch die Frauen tragen das exakt gleiche. Eine schlichte, schwarze Stoffhose und dazu ein helles Oberteil mit Dreiecken drauf.

TänzerInnen in Bewegung
© Joseph Ruben

Es standen nur ein paar Stühle am Rand der Bühne, die für die Beteiligten der Produktion vorgesehen waren. Alle redeten noch miteinander und besprachen die letzten Details vor dem Durchlauf. Ich setzte mich auf einen der wenigen Stühle, beobachtete alles um mich herum und wartete, bis es losging. Das Licht ging aus, es wurde still und alle saßen auf ihren Plätzen. Der Vorhang in der Mitte war geschlossen und über die Seite kamen fünf TänzerInnen auf die Bühne. Ich vermutete, dass der Rest auf dem anderen Teil der Bühne stand, der für mich gerade nicht sichtbar war. Es tanzten abwechselnd ein/e TänzerIn, zwei in einem Duett oder alle fünf in der Gruppe zusammen. Manche Bewegungsabfolgen kamen mir bekannt vor, da ich sie bereits in einer der vorherigen Proben gesehen hatte. Auf einmal öffnete sich der diagonale Vorhang und die gesamte Bühne mit allen neun TänzerInnen war zu erkennen. Alle bewegten sich zusammen und nutzten den Raum komplett aus. Für den letzten Teil wurde der Vorhang wieder geschlossen und die andere Hälfte des Tanzensembles stand nun vor mir. Ich war mir ziemlich sicher, dass währenddessen auf der anderen Seite der Teil gezeigt wurde, den ich bereits gesehen hatte. Ich konnte erkennen, dass die Sequenzen mit den vier oder fünf TänzerInnen sich ähnelten und vom gleichen Choreografen stammten, aber im Vergleich trotzdem verschieden waren.

Um mich herum passierte so viel, dass ich gar nicht wusste, wo ich als erstes hinschauen sollte. Allerdings fiel mir während des Durchlaufs besonders eine Sache auf, die in verschiedenen Elementen zu erkennen ist: das Gegensätzliche. Es war deutlich in den Bewegungen, in der Musik, im Raum und in der Beleuchtung sichtbar.

Die Bewegungen wechselten von schnell und dynamisch, über langsam und ruhig, bis zu vollkommenem Stillstand. Manchmal bewegten sich zwei TänzerInnen identisch, wobei sich eine/r auf dem Boden befand und der/die andere hingegen die Bewegungen im Stehen ausführte. Dabei schimmerten im gesamten Stück unterschiedliche Tanzstile durch, wie z.B. in einem Duett von Simon und Melissa, das bei ihm an Break Dance und bei ihr an Akrobatik erinnerte.

Das Gegensätzliche, was in New Sites (mehr oder weniger bewusst) thematisiert wurde, kennt jeder von uns. Sei es das schwarz-weiße Ying&Yang, Wörter wie »Hassliebe« oder die bekannte »Doppelhaushälfte«. Aber wir finden solche Gegenteile oft auch in unserem Alltag wieder. Häufig handelt es sich dabei um etwas total Banales und Alltägliches, wie der Gegensatz von Tag und Nacht, aber manchmal auch um etwas Neues und Großes, wodurch evtl. ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Wenn ich persönlich an Gegensätzliches in meinem Leben denke, fällt mir der Wechsel vom Studieren in der Uni zum Arbeitsalltag hier bei meinem Praktikum im Theater ein. Für sechs Monate wird mein Leben ein wenig auf den Kopf gestellt, da ich einfach eine ganz andere »Routine« habe als vorher und dadurch vieles anders und neu für mich ist.

TänzerInnen die im Kreis um eine Tänzerin laufen
©Joseph Ruben

Aber genug von mir… Hier geht es ja eigentlich um die Produktion New Sites. Mir ist auch bei der Musik aufgefallen, dass diese sich öfters, parallel zum Öffnen/ Schließen des Vorhanges, veränderte. Wobei am Anfang die Musik eher ruhiger, atmosphärisch und elektronischer gehalten wurde, veränderte sich dies, als alle TänzerInnen zu sehen waren. Von dort an war die Musik dynamischer und man erkannte auch klassische Elemente, wie z.B. ein paar Streicherklänge. Ich weiß noch, dass an einer Stelle nur eine Stimme zu hören war, die etwas erzählte. Es ging dabei um verschiedene Themen, wie z.B. um das Choreografieren.

Durch die vielen Wechsel in den einzelnen Szenen und die riskanten Bewegungsabfolgen bleibt die Produktion die gesamte Zeit über spannend. Ich wusste dabei nie, was als nächstes passiert und wo ich als erstes hingucken soll. Für mich war es eine tolle Gelegenheit New Sites begleiten zu dürfen, weil ich dadurch einen Einblick hinter die Kulissen bekommen habe, diesen mit euch teilen durfte und ganz viel Neues über den Tanz und das Tanzensemble lernen konnte.