Leonard Evers hat mit Gold! eine wunderbare, feinsinnige und zum Nachdenken anregende Kinderoper geschrieben. Frei nach dem Märchen Vom Fischer und seiner Frau der Gebrüder Grimm geht es um einen Jungen, Jakob, und seine Eltern, die auf der Suche nach Glück immer maßloser in ihren Wünschen werden.
Das Besondere an dem Stück ist der szenische und musikalische Dialog zwischen einer Mezzosopranistin (Hasti Molavian) und einem Perkussionisten (Klaus Bertagnolli). Für den Blog haben die beiden ihren Dialog fortgeführt, sich über das Stück unterhalten und erklärt, wo sie ihre individuellen Herausforderungen sehen.
KB Als mich der GMD Alexander Kalajdzic und die Operndirektorin Sabine Schweitzer angesprochen und gefragt haben, ob ich Lust hätte, dieses Stück zu spielen, habe ich sofort ja gesagt. Obwohl ich weder die Noten noch eine Aufnahme kannte. Allein die Tatsache, dass das gesamte Werk nur von einer Sängerin und einem Perkussionisten getragen wird, hat mich sofort interessiert.
HM Das hat mich auch gleich gepackt. Ein Schlagzeug kann so viele Klänge erzeugen wie kaum ein anderes Instrument. Für mich gibt es außerdem einen großen Anteil an Schauspiel und die vielen Rollenwechsel – ich spiele Jakob, den Vater, die Mutter und den Erzähler – sind eine echte Herausforderung.
KB Und das Stück ist unglaublich virtuos geschrieben. Es gibt viele Klangfarben durch ein umfangreiches Instrumentarium. Das Hauptinstrument ist das Marimbaphon. Es gibt aber auch Trommeln, einen Gong und Zusatzinstrumente wie ein Flexatron oder eine Melodika. Ich imitiere mit einem Kontrabassbogen am Vibraphon Sterne am Himmel. Ich trommele sogar auf einem Koffer. Es macht total viel Spaß.
HM Mich erinnert das Stück sehr an meine Kindheit. Ich habe damals viele Hörspiele gehört. Wir besaßen keinen Fernseher, nur einen Kassettenrekorder. Ich hatte ein paar alte Kassetten mit persischen Märchen und Geschichten. Genau an diese Hörspiele hat mich das Stück erinnert, weil es so viele bildhafte Klänge gibt.
KB Ja, zum Beispiel sind die Wellenbewegungen hörbar und auch den Fisch kann man anhand der Musik erahnen. Ich muss wahnsinnig viele Instrumenten- und Schlegelwechsel bewältigen. Insgesamt brauche ich drei Notenpulte. Außerdem bin ich auch szenisch involviert und als Flugkapitän oder Chauffeur unterwegs. Ich darf auch mal Popcorn essen vor dem Fernseher. Aber das nimmt mir auch die Zeit, mich auf das nächste Stück mental vorzubereiten oder mir in Ruhe die Schlegel zurechtzulegen. Es geht eine Stunde lang hochkonzentriert und virtuos durch.
HM Normalerweise kann man als Sängerin während eines Stücks kurz rausgehen, sich sammeln und überlegen, was als nächstes kommt. Aber hier gibt es diese Möglichkeit nicht.
KB Was uns rettet ist, dass wir musikalisch so gut miteinander harmonieren. All das, was man sonst so viel proben muss – Tempi, das Zusammenspiel, Einsätze – geht fast wie im Blindflug. Das ist ganz wichtig. Denn wenn das schwierig wäre, dann wäre das Stück fast unspielbar.
HM Vor allem, weil wir ja keinen Dirigenten haben, von dem wir Hilfe bekommen. Wir müssen die ganze Zeit selber zählen und spielen. Vieles muss parallel laufen.
KB Du bist dann teilweise 10 Meter weit weg und stehst mit dem Rücken zu mir. Da braucht es eine Art gemeinsame Atmung, eine ähnliche Empfindung für die Musik. Dann funktioniert es auch ohne Dirigent. Wichtig ist auch der Regisseur Michael Britsch. Er kann vor allem mir als Musiker zeigen, wie ich etwas sagen oder wie ich mich bewegen soll.
HM Es ist auch eine besondere Situation, vor Kindern zu spielen. Schon beim Einlass steigt die Aufregung, wenn ich die Kinder so lebhaft kommen höre. Ich frage mich dann immer, ob es mir gelingen wird, die Kinder mitzunehmen. Was ich gut finde: Kinder sind viel offener als Erwachsene. Sie sitzen oft mit großen Augen vor einem, haben viel Fantasie und sind total in der Geschichte drin. Das merkt man dann, wenn die Kinder mitmachen und Dinge kommentieren. Aber es ist natürlich eine Herausforderung. Wie gehe ich zum Beispiel damit um, wenn ein Kind plötzlich auf die Bühne kommt? Da muss man sehr flexibel sein.
KB Für die Kinder ist es auch total spannend, so nah am Schlagzeug zu sein. Das merke ich immer wieder. Letztlich ist das Schlagzeug ein Ursprungsinstrument, wie die Stimme ja auch ganz ursprünglich ist. Das merken die Kinder. Und das Schlagwerk funktioniert auch als Bühnenbild. Ich würde mir wünschen, dass das Publikum von unserer dichten szenischen und musikalischen Energie gepackt wird.