Ein Beitrag von Wiktoria Bukalski
Echt cool, was junge LaiendarstellerInnen so drauf haben! Wie ich darauf komme? Ende Juni war ich in Gütersloh, im Theater. Dort fand das fünfte Theaterjugendclubtreffen OWL statt, bei dem sich knapp 80 Jugendliche aus sechs Spielclubs mitsamt den LeiterInnen für ein Wochenende zusammengefunden haben mit dem Ziel, in diversen Workshops etwas zu lernen und die anderen Jugendclubs und ihre Arbeiten kennen zu lernen.
Hier eine kleine Revue:
Die Short Cuts – Ausschnitte aus den Jugendproduktionen – starten mit einer kleinen Verspätung, denn »die Haare sind noch nicht schön«. Der Abend wurde mit einer modernen Neuinterpretation von Märchen eröffnet. Sehr witzig gemacht und mit einer jugendlichen Note gespielt: So verließ der Hahn mit Diva-Allüren den Hof, weil die Katze ihn mit Impotenz-Witzen gestichelt hat.
Ganz besonders gefallen hat mir die Aufführung des internationalen Jugendensembles des Alarm Theater Bielefeld. Ein Ausschnitt davon ging wirklich unter die Haut, als die Jungs bzw. jungen Männer in gebrochenem Deutsch den Zuschauern von ihrem Leben als Zugfahrt erzählten: Eltern, Schwester, Brüder, Tanten, Onkel verließen den Zug, blieben zurück. Manche hatten das Glück und die große Liebe des Lebens stieg zu. Untermalt mit schwärmerischem Gesang im Hintergrund war das ein gewaltiger und vor allem bewegender Auftritt. Pipi in den Augen inklusive.
Unterhaltung anderer Art boten die restlichen Jugendclubs: Manches war ein wenig schrill, manches ein bisschen durcheinander, aber von tänzerisch-wirren Auftritten bis Schauspiel kam jeder auf seinen Geschmack. Bei den einen hieß es Romeo vs. Barney Stinson, wer ist der bessere Wingman und Kuppler?
So toll, wie die Jugend sich für nichts zu schade gewesen ist und simpel gut unterhalten hat. Schreiend auf dem Boden lag der ganze Saal, als tatsächlich die Hose eines der Darsteller während des Auftritts gerissen ist. Im Schritt. Er nahm es mit Humor: »Vielleicht sollten wir jetzt Schluss machen und die beiden [Die Hauptcharaktere] alleine lassen- denn meine Hose ist gerissen!«
Sehr angetan war ich wiederum von unserem hauseigenen Jugendclub mit einem Auszug aus Ödön von Horváths Geschichten aus dem Wiener Wald – Wien 1930: Marianne soll Oskar, den Schlachter, heiraten. Aber dann findet sie Albert ganz cool und wird beim Fremdknutschen am See von ihrem Dad erwischt. Spoiler: Es gibt kein Happy End. Aber es ist so beeindruckend, wie die 16- bis 24-Jährigen des Theaterclubs spielen können! Das Stück wurde dementsprechend auch mit Standing-Ovations geehrt.
Am nächsten Tag fuhr ich noch einmal ins Theater, um bei einem der sieben Workshops dabei zu sein und mir später die Workshop-Show anzuschauen. Ich entschied mich für Spielen mit Sätzen: Das »Ja, aber«- Spiel war da besonders beliebt: Man bekommt von den anderen ein Thema vorgegeben, einer ist pro und der andere kontra. Auf jede Aussage des einen, muss der Gegenspieler mit »Ja, aber« sein Argument beginnen. Zwei Beispiele: »Da gibt es auch viele Wurststände.« – »Ja, aber die sind aus Fleisch und Fleisch isst man nicht.« Und »Willst du mit mir zusammen sein?« – »Ja, aber nicht jetzt.« Situationskomik halt. Das Spiel haben die Jungs und Mädels genutzt, um dann zu zweit oder dritt eine Szene mit den gefallenen Sätzen zu erarbeiten.
Auch die Workshop-Show im Anschluss hatte einiges zu bieten. Mein persönliches Highlight war, wegen meiner Begeisterung für Tanzvorführungen, das Tanzlabor. Eine sehr individuelle Tanz-Collage, bei der jede/r DarstellerIn einen anderen Stil verkörpert hat und die gleiche Abfolge an Bewegungen tanzte. Der eine machte auf Elvis Presley, der andere hatte smoothe Moves drauf und noch andere haben mich mit Modern Dance-Elementen begeistert. Sowas kann ich mir stundenlang ansehen.
Interessant fand ich eine Erarbeitung zum Thema Stimme, wie auch eine Performance aus Bühnenkampf und Partnerakrobatik. Im Grunde wurde der Zuschauer mit den Performances auf vielfache Weisen angesprochen: Man hat geschmunzelt, mitgefiebert und die Aufritte einfach auf sich wirken lassen.
Ich habe gesehen, wie allen das Spielen und Auf-der-Bühne-Stehen Spaß gemacht hat und das hat jede Produktion so besonders gemacht. Und genau das finde ich so beachtenswert: Eigene Konzepte entwickeln unter der Leitung ihrer SpielclubleiterInnen. Dass die Jugendlichen etwas haben, wobei sie aus sich herauskommen können, gleichzeitig abschalten und mit Gleichgesinnten eine gute Zeit verbringen können.
Insgesamt bestanden beide Abende aus einem bunten Haufen junger Leute, deren Freude ansteckend und Spielkunst größtenteils beeindruckend waren. Echt unterhaltsam und ich war begeistert, was Jugend so auf die Beine stellen kann. Vor allem vor dem Hintergrund, dass alle TeilnehmerInnen Laien sind!
Wer kann, sollte es sich das nächste Mal nicht entgehen lassen! 😉
In diesem Sinne eine entspannende und sonnige Sommerpause Euch allen!