Und was kommt danach …?

Als Kind habe ich oft (mehr oder weniger freiwillig) mit meinem Papa zusammen Pink Floyd gehört und es irgendwann auch selbst lieben gelernt. Mittlerweile steht die Original-Schallplatte The dark side of the Moon aus den 70ern auch nicht mehr bei ihm, sondern bei mir neben dem Schallplattenspieler. Egal ob Jung oder Alt, fast jeder kennt das bekannteste Konzeptalbum von Pink Floyd.

Daher habe ich mich sehr gefreut, als ich eine Probe des Stücks Kaleidoscope_To the Dark Side of the Moon besuchen durfte.

Bevor ich in die Probe gegangen bin, habe ich mir ein paar Gedanken gemacht und mich ein bisschen mit dem Thema beschäftigt: Wie kann die Kombination aus der Geschichte von Ray Bradbury und die Musik von Pink Floyd funktionieren? Wie schafft man es, die Kulisse des Weltalls auf eine Bühne zu bringen? Und wie sehr unterscheidet sich die Musik vom Original, da die Akustikversion im Stück von einem Streichquartett und einer Pianistin gespielt wird? Mir sind verschiedenste Fragen durch den Kopf gegangen, weil ich mir einfach nichts Richtiges unter dem Stück und was ich bereits davon gehört habe vorstellen konnte.

Als ich über den kleinen Hintereingang in den Zuschauerraum des Theaters am Alten Markt hineinging, waren sowohl die SchauspielerInnen als auch die MusikerInnen dabei, sich warm zu spielen und noch Einzelheiten untereinander abzusprechen. Norbert Stertz (Musikalische Leitung der Produktion) gab dem Streichquartett und der Pianistin noch kleine Anweisungen, während die SchauspielerInnen Tipps von Simone Sandroni (Künstlerische Leitung und Choreograf TANZ) bekamen, wie sie bestmöglich das sehr steile Bühnenbild herunterfallen können. Ich wusste gar nicht, auf welche Eindrücke ich mich am ehesten konzentrieren sollte, weil so viel um mich herum passierte.

Doch dann gab Michael Heicks, Intendant und Regisseur des Stückes, die Anweisung, dass es los geht und alle gingen auf ihre Positionen.

SchauspielerInnen auf der schrägen Bühneninstallation
Foto: Eliza Rahaus

Die MusikerInnen saßen auf ihren Plätzen vor der Bühne. Die SchauspielerInnen kletterten, befestigt an ihren Seilen, die steile Bühne nach oben. Das Licht ging aus und alle wurden ganz ruhig und konzentrierten sich.

Die MusikerInnen fingen leise an, mit ihren Mündern Geräusche zu erzeugen und ihre Instrumente als Schlaggegenstände zu nutzen sowie auch an einzelnen Saiten zu zupfen. Ich erkannte sofort das Intro des Albums Speak to me, welches auf eine Art und Weise gespielt wurde, die mich einfach faszinierte. Langsam wurde die Musik immer lauter und mittlerweile wurden die Instrumente auch in voller Bandbreite gespielt. Es ist beeindruckend, wie die Band es schafft so ähnlich zu klingen wie das Original von Pink Floyd, aber doch auch so anders. Die Bühne wurde nur ganz leicht beleuchtet, sodass man kaum etwas erkennen konnte, als Jan Hille anfing Breath zu singen und Thomas Wehling und Christina Huckle ihn im Refrain begleiteten.

Nach dem Lied fielen die drei die Schräge herunter, die MusikerInnen hörten auf zu spielen und mir war klar: Der Komet hat das Raumschiff getroffen und die Astronauten schwebten ab jetzt frei im Universum herum. Sie fingen an miteinander zu kommunizieren, weil niemand so wirklich verstand was gerade passiert ist. Die SchauspielerInnen bewegten sich frei auf der Bühne. Immer wieder gab es einzelne Anweisungen und die Regieassistenz half, wenn jemand nicht wusste, wie der Text weitergeht. Meist kommunizierten zwei SchauspielerInnen in einem Dialog miteinander und die dritte Person diente als eine Art ErzählerIn, die das Publikum darüber aufklärt, wer gerade miteinander redet. Zwischendurch hörte man die MusikerInnen, wie sie den Gesang der SchauspielerInnen begleiteten und The Dark Side of the Moon in chronologischer Reihenfolge, an das Konzeptalbum gehalten, spielten.

Der Tod und das fast vergangene Leben wurde immer mehr zum Thema des Stückes, welches unfassbar gut von den Texten und der Musik von Pink Floyd untermauert wurde. Die Astronauten dachten über ihr Leben nach: Was hätten sie anders oder besser machen können? Sind sie mit ihrem Leben und mit dem, was sie erreicht haben, zufrieden? Und am wichtigsten: Wie gehen sie mit dem bevorstehenden Tod um?

SchauspielerInnen auf der Bühneninstallation
Foto © Joseph Ruben

Der Tod … jeder hat doch irgendwie Angst davor und stellt sich Fragen, die niemand beantworten kann. Durch das Erzählen über das Leben und den Tod wird eine Verbindung geschaffen zwischen dieser Science-Fiction-Geschichte, die für mich eigentlich unrealistisch und fiktiv wirkt, und dem realen Leben jedes einzelnen Menschen. Die Astronauten sprechen ihre Gedanken, die eigentlich von vielen gedacht werden, laut aus und reagieren auf verschiedenste Weisen auf das Schicksal, das ihnen bevorsteht. Sie offenbaren sich und ihre Geheimnisse, reden miteinander über private Dinge, die man sonst eigentlich niemandem so schnell preisgeben würde.

Obwohl das Stück so ein ernstes Thema behandelt, hat mich der Teil, den ich davon gesehen habe, trotzdem positiv beeindruckt und gleichzeitig sehr mitgenommen. Nach dem Lied Money rief Heicks: »Pause«. Die Lichter gingen wieder an, die MusikerInnen legten ihre Instrumente zur Seite und die SchauspielerInnen lösten sich aus ihren Seilen und gingen die Bühne herunter. Alles war wieder ganz normal, es wurde geredet und sich von der Probe erholt.

Als ich das TAM wieder verließ, war ich trotzdem mit meinen Gedanken noch bei dem Stück, der Thematik und der Umsetzung der Musik. Ich bin fasziniert davon, wie gut die Musik und die Geschichte von Ray Bradbury zusammenpassen, welches von den SchauspielerInnen und den MusikerInnen großartig umgesetzt wurde. Immer, wenn die Musik laut spielte, bewegten sich die SchauspielerInnen auf der Bühne kaum und umgekehrt. Während der Probe fühlte es sich an, als ob man Teil des Geschehens wäre und sich in der gleichen Situation wie die Astronauten befände.

Ich freue mich schon, das Stück bald dann auch in kompletter Länge mit den Bildprojektionen, den Kostümen und einem Publikum um mich herum zu sehen.

(Probenmitschnitt »Breath« gesungen von Jan Hille, Christina Huckle und Thomas Wehling)